Am 17. August 2015 verabschiedete die französische Regierung das Gesetz zur „Energiewende für grünes Wachstum“. Fast fünf Jahre später kann die Insel Réunion stolz darauf sein, in Bezug auf den Einsatz von erneuerbaren Energien einen Spitzenplatz innerhalb Frankreichs zu belegen.

Den Ausbau der erneuerbaren Energien im Blick

Als Frankreich seinen Plan für die Energiewende festlegte, setzte es sich zum Ziel, den Verbrauch fossiler Brennstoffe bis 2030 um 30% zu senken, bis 2025 nur noch 50% der erzeugten Gesamtmenge aus der Kernenergie zu ziehen stattdessen den Anteil erneuerbarer Energien auf 40% zu steigern.
Als konkrete Maßnahme wurden mit dem Gesetz eine Abnahmeverpflichtung zum Zweck der Finanzierung von Projekten zur Stromproduktion aus erneuerbaren Energien durch Einzelpersonen und Unternehmen eingeführt.
Ende 2015 erreichte die installierte Photovoltaikkapazität Frankreichs 6,5 GW erreicht, davon 6,2 GW auf dem französischen Festland. Seit 2015 wurde der PV-Anlagenbau durch zahlreiche Ausschreibungen weiter gefördert. Das Energieministerium hat zwischen 2017 und 2020 eine Reihe von insgesamt sechs Ausschreibungen mit insgesamt 3 GW veröffentlicht, die entscheidend zur Erhöhung der PV-Kapazität in den letzten Jahren beigetragen haben:

Evolution of installed solar capacity in France
Bild 1: Installierte Solarkapazität in Frankreich 2006-2019. Bildquelle: RTE (2019): Jahresbericht – Installierte Solarkapazität

Zu Beginn des neuen Jahrzehnts hat sich die installierte Leistung seit 2015 auf rund 9.435 MWp am 31.12.2019 erhöht, wobei 93% davon an das von Enedis, ELD und EDF-SEI betriebene Netz angeschlossen sind.
Dies entspricht ungefähr 51% der Kapazität von 18,2 GW, die bis 2023 verfügbar sein soll (oder 20,2 GW in einem zweiten Szenario). Im Jahr 2019 konnten nur 2 Regionen auf dem französischen Festland mehr als 5% ihres Bedarfs durch Solarenergie decken – Nouvelle-Aquitaine mit 7,4% (2.455 MW) und Occitanie mit 6,7% (2.017 MW), gefolgt von Provence-Alpes-Côte d’Azur mit 4,6% (1.334 MW), welche mit jeweils mehr als 20 KW / km² auch die höchste Installationsdichte aufweisen. Gleichzeitig erreichte die sonnige Mittelmeerinsel Korsika 9,5% Bedarfsdeckung aus Solarenergie, mit einer Leistung von etwa 152 MW und einer installierten Solarkapazität von 17,5 kW pro km². La Réunion erreicht mit seiner relativ kleinen Fläche eine Dichte von 75.6kW/km².

Regional Differences in PV Shares
Bild 2: Die installierte Solarkapazität deckte 2019 mehr als >5% des Bedarfs in 3 Regionen (dunkelgrün). Bildquelle: RTE (2019): Jahresbericht – Regionale Unterschiede

Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien in den Überseeregionen

Um den Bedürfnissen der französischen Inselgebiete Korsika, Réunion, Martinique, Guadeloupe, Guyane, Saint-Barthélemy, Saint-Martin und Saint-Pierre et Miquelon gerecht zu werden, vergibt die französische Energieregulierungskommission (CRE) durch regelmäßige Ausschreibungen Aufträge für diese sogenannten nicht-angebundenen Zonen (ZNI) für Projekte im Bereich erneuerbare Energien über 100 kW. Diese Inselzonen, insbesondere die Überseeregionen, sind seit mehreren Jahrzehnten von importierten Brennstoffen abhängig. Reunion Island ist das beste Beispiel für die Überwindung dieser Abhängigkeit : Seit 2002 strebt die lokale Verwaltung eine langfristige Autonomie der Stromerzeugung durch Nutzung erneuerbarer Energien (Sonne, Wind, Energie aus dem Meer, Geothermie, Wasserstoff) und verbessertes Energiemanagement an.

Im Jahr 2018 deckten erneuerbare Energien 36,5% der Stromerzeugung auf Reunion Island, 4% mehr als im Jahr 2017, was zeigt, dass das politische Engagement in reale Maßnahmen umgesetzt wird. Rund 20% entfallen auf Wasserkraft – trotz des Gesamtproduktionsrückgangs von mehr als 12% in Frankreich im letzten Jahr, wo auf Wasserkraft 11,2% der Gesamtproduktion entfielen – und 9% auf PV, Wind und Biogas. Daher übernimmt La Réunion eine Führungsrolle bei der Energiewende in Frankreich. Die Insel erreicht dies auch teilweise durch (finanzielle) Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien auf individueller Ebene – beispielsweise durch solare Warmwasserbereiter – sowie durch die Planung des Ausbaus der Elektromobilität in naher Zukunft. Darüber hinaus begrüßt und fördert die Insel den Aufbau von lokalem Know-how im Bereich erneuerbarer Energien, wie es von den Experten für Solarstromprognosen bei Reuniwatt bereitgestellt wird: Das Unternehmen wurde erst kürzlich von der FrenchTech 120-Initiative als eines der innovativsten jungen Unternehmen in Frankreich ausgezeichnet.

Der lokale PPE erkennt an, dass für die Entwicklung erneuerbarer Energien folgende Punkte notwendig sind und gefördert werden müssen:

  • die Identifizierung, Quantifizierung und Standorte lokal verfügbarer Energieressourcen
  • die Entwicklung von Technologien zur Energiespeicherung
  • Studien zur Integration der intermittierenden erneuerbaren Energien (Sonne, Wind) in den Energiemix.

Um die Energiewende Wirklichkeit werden zu lassen, sind Investitionen notwendig: Mit rund 515 Mio. € für den Zeitraum 2019-2023, im Vergleich zu 269 Mio. € für den Zeitraum 2016-2018, hat die Insel Réunion das jährliche Budget für diesen Zweck um 13% erhöht. Außerdem sollte die Produktion aus nicht erneuerbaren Ressourcen im Zeitraum zwischen 2019 und 2023 gemäß dem im PPE beschriebenen Szenario um 45% reduziert werden. Trotz Allem wird 2030 weiterhin als ehrgeiziges Ziel für eine 100% ige Versorgung mit erneuerbaren Energien angesehen, aber Reunion Island hat mit seiner nachhaltigen Inselpolitik den richtigen Weg eingeschlagen und übernimmt in Frankreich eine Führungsrolle auf dem Weg hin zu einem grüneren Wachstum. Dennoch stellt sich mit dem wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien die Frage, wie man die Sicherheit in der Stromversorgung trotz der höheren Variabilität der erneuerbaren Energien aus Wind und Solarenergie gewährleisten kann. PV und Windproduction fluktuieren ständig und können schnelle Veränderungen erfahren, wie in Bild 3 für La Réunion dargestellt. Der schnelle Anstieg bzw. Abfall in der Produktion ist für Inseln besonders relevant, da die entsprechende Fläche relativ klein istu nd das lokale Klima im Vergleich zum kontinentalen Frankreich schnelle Wetteränderungen ermöglicht. Auf der Insel variiert die Solarproduktion um bis zu 60% innerhalb einer Stunde, während auf dem europäischen Kontinent die Wolkendecke meist mehrere Stunden braucht, um sich großflächig auszubreiten. Als Konsequenz sind Verbesserungen in der Solar- und Windstromprognose und in der Echtzeit-Vorhersage um ein kosteneffizientes und sicheres Management der Energiereserven zu gewährleisten. Aus diesem Grund baut La Réunion die Speicherkapazitäten weiter aus und kann damit, in Kombination mit Prognosewerkzeugen, die schnellen Abfälle und Anstiege in der Produktion sicher managen.

Daily variation of solar productivity in Reunion Island
Bild 3: Tägliche Variation der Stromerzeugung aus Solarenergie auf der Insel Réunion. Bildquelle: energies-reunion.com/

Positive Entwicklung erwartet

Die Grundlage für weitere Maßnahmen ist im jüngsten mehrjährigen Energieprogramm (PPE) vom Januar 2019 festgelegt, welches Prioritäten für die zu treffenden Maßnahmen in neuen Jahrzehnt setzt: Die Erhöhung der installierten Kapazität erneuerbarer Energien um mehr als 70% gegenüber 2014.
Im Jahr 2019 haben das französische Parlament und die französische Regierung durch die Verabschiedung des Energie-Klima-Gesetzes im September 2019 einen weiteren Schritt getan und Maßnahmen für den Umgang mit der Klimakrise festgelegt: Frankreich gibt sich große Mühe
Der Inhalt des Gesetzes wurde u.a. in die Projekte der Nationalen Low-Carbon-Strategie (SNBC) und der PPE integriert. Zu den Zielen und Maßnahmen des Gesetzes gehören

  • Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe um 40% (gegenüber 2012) bis 2030
  • Abschaffung der Stromerzeugung aus Kohle bis 2022
  • die Verpflichtung, Solarmodule auf u.a. auf neuen Lagerhallen und Supermärkten zu installieren
  • Verbesserung des rechtlichen Rahmens für die Umweltprüfung von Projekten, um deren Fertigstellung, insbesondere die Installation von Photovoltaik oder die Nutzung von Geothermie, zu erleichtern, mit dem Ziel, bis 2030 33% erneuerbare Energien im Energiemix zu erreichen.

Das Gesetz bietet eine Grundlage für die Verringerung der Abhängigkeit des Landes von der Kernenergie. Die beschriebenen Maßnahmen werden alle fünf Jahre überprüft und angepasst. Ein neuer Plan wird die folglich wichtigsten Ziele in Bezug auf erneuerbare Energien, Energieverbrauch und Produktion fossiler Brennstoffe ab 2023 festlegen. Aber was wurde zu Beginn des neuen Jahrzehnts bereits erreicht?

Die Kernenergie macht immer noch 70,6% der gesamten Stromproduktion aus, aber Wind- und Solarenergie konnten ihren Anteil kontinuierlich steigern: Im Jahr 2019 entsprach dieser 6,3% für die Windkraft (+ 21,2% im vergangenen Jahr) und 2,2% für die Solarenergie (+ 7,8%), verglichen mit 8.6% PV-Anteil auf La Réunion im Jahr 2018. Im Jahr 2019 machten erneuerbare Energien insgesamt mehr als 20% der Gesamtproduktion aus.
Doch Frankreich profitiert auch anderweitig von der Entwicklung: Der durch erneuerbare Energien geschaffene Mehrwert wird in Frankreich zwischen 2019 und 2028 um 52% steigen und 21 Milliarden Euro pro Jahr erreichen. Dieses Ergebnis entspricht 10% der gesamten Wertschöpfung, des Industriesektors im Jahr 2018. Damit gehören erneuerbare Energien bereits jetzt zu den Branchen, die in Frankreich den größten Mehrwert erzielen. Es gibt mehr als einen guten Grund für Frankreich, die erneuerbaren Energien zu fördern und in den 2020er Jahren weiterhin die Solarkapazität auszubauen.
Zum Weiterlesen (auf Französisch):
(1) EDF (2019): Jahresbericht zu den Energiesystemen auf den franzöischen Inselregionen
(2) Ministère de la Transition écologique et solidaire (2019): Programmations pluriannuelles de l’énergie (PPE)
(3) RTE (2019): Jahresbericht
(4) Energie- und Klimagesetz (2019)
(5) Insel Réunion: PPE (2016-2018/2019-2023)
(6) Syndicat Energies Renouvables (2019): Évaluation et analyse de la contribution des énergies renouvelables à l’économie de la France et de ses territoires.

Über Reuniwatt (www.reuniwatt.com)
Reuniwatt ist eine global tätige Firma im Bereich Energiemeteorologie und Leistungsprognose. Auf Basis fundierter Forschungsarbeit bietet die Firma zuverlässige professionelle Dienstleistungen für unterschiedliche Anwendungen und vereint dabei umfassenden Kenntnisse aus den Bereichen Meteorologie, Atmosphärenphysik und Data Sciences, Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Leistungsprognose für Solaranlagen und der Entwicklung der neuesten Technik zur Verbesserung der kurzfristigen Vorhersage von Einstrahlungsdaten. Reuniwatt nimmt einen Spitzenplatz in Europa im Bereich Innovation ein und wurde mehrfach prämiert, u.a. durch das H2020’s SME Phase 1 Förderprogramm. Reuniwatt wurde zudem im Januar 2020 ausgewählt, am renommierten French Tech 120-Programm für aufstrebende Unternehmen teilzunehmen.